Kurze Geschichte des Walzenstuhls bis 1950

1588 Die Anfänge

Der erste bekannte Walzenstuhl wurde im Jahr 1588 von Ramelli erbaut. Die geriffelten Eisenwalzen dieses Stuhls waren schwach konisch und konnten gegeneinander verschoben werden, um so den Mahlspalt einzustellen.

Zunächst wurden vor allem im England des 18. Jahrhunderts eine Reihe von Walzenstühlen mit Eisen und Steinwalzen patentiert, die sich aber nicht durchsetzten.

1834 Weiterentwicklung des Walzenstuhls durch Sulzberger - Erfindung des Differentialgetriebes

Auf dem Kontinent begann die ernsthafte Entwicklung von Walzenstühlen erst im 19. Jahrhundert. Justin Helfenberger & Cie in Rorschach patentierte 1820 den ersten Stuhl mit glatten zylindrischen Walzen. Durch die Erfindung der Differentialgeschwindigkeit bei den Mahlwalzen machte allerdings erst der Ingenieur Sulzberger den Walzenstuhl im Jahr 1834 brauchbar. Mit den Sulzberger Stühlen wurden in den Jahren 1836 bis 1840 eine Reihe von Mühlen in Italien, Österreich-Ungarn und Deutschland ausgestattet.

Walzenstühle in der Jósef-Walzmühle in Pest um 1840
in: MOOG, O. S. 9

Walzenstuhl nach F. Wegmann um 1870
in: MOOG, O. S. 10

1850 Einführung Hartgusswalzen durch die Firma Ganz

Auf dem Kontinent begann die ernsthafte Entwicklung von Walzenstühlen erst im 19. Jahrhundert. Justin Helfenberger & Cie in Rorschach patentierte 1820 den ersten Stuhl mit glatten zylindrischen Walzen. Durch die Erfindung der Differentialgeschwindigkeit bei den Mahlwalzen machte allerdings erst der Ingenieur Sulzberger den Walzenstuhl im Jahr 1834 brauchbar. Mit den Sulzberger Stühlen wurden in den Jahren 1836 bis 1840 eine Reihe von Mühlen in Italien, Österreich-Ungarn und Deutschland ausgestattet.

Die letzte Mühle, die mit Sulzberger Stühlen ausgestattet worden war, stand in Pest, Ungarn. Aus der Reparaturwerkstatt dieser Mühle ging im Jahr 1842 die Firma Ganz hervor, die bald eigene Walzenstühle herstellte und weiter verbesserte. Der Firma Ganz ist es zu verdanken, dass die bereits 1843 in England entwickelten Hartgusswalzen im Jahr 1850 auch für Walzenstühle eingesetzt wurden.

1873 Porzellan-Walzenstühle von Friedrich Wegmann

Der Wegmann-Stuhl von 1873 war eigentlich gar kein Walzenstuhl sondern eine Quetsche, da nur die inneren Walzen angetrieben wurden, die beiden äußeren Walzen aber als Schleppwalzen fungierten. Mit verstellbaren Gewichten wurden die äußeren Walzen gegen die inneren Walzen gepresst.

1880 Der erste moderne Walzenstuhl von Mechwart und Ganz

In Budapest lernte Wegmann Andreas Mechwart, Direktor der Firma Ganz & Co kennen. Mechwart baute die Stühle von Wegmann folgendermaßen um: Die Porzellanwalzen wurden durch geriffelte Gusswalzen ersetzt, alle Walzen über Differentialgetriebe angetrieben und eine hölzerne Verkleidung um die Walzen angebracht. Die Anpressung der Walzen mittels Gewichten fiel hingegen fort, da man ja den Mahlspalt zwischen den Walzen einstellen können wollte. Dieser Mechwart-Ganz-Walzenstuhl wies um 1880 nun alle wesentlichen Merkmale auf, die einen Walzenstuhl bis heute kennzeichnen.

Walzenstuhl von Ganz, 1880/1885
in: MOOG, O. S. 11

1880 bis 1900 Horizontalwalzenstühle

Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden von vielen Firmen Walzenstühle produziert, bei welchen die Walzen horizontal angeordnet waren. Während die doppelten Walzenstühle von Ganz zunächst noch als Einscheibenwalzenstühle konzipiert wurden, d.h. die vier Walzenpaare wurden durch eine Riemenscheibe angetrieben, so setzte sich später in Europa der Betrieb mit zwei Riemenscheiben für je zwei Walzen durch. Die ursprünglich aus Holz bestehende Schutzverkleidung wich ab 1890 einem Gussgehäuse, welches im Bereich der Walzen recht breit ausgeführt war und darunter zum Fuß hin eingezogen wurde.

1900 bis 1915 Vertikalwalzenstühle

Die vertikale Anordnung der Walzen war eine Mode, die nur in Europa, nicht aber in den USA Einzug hielt. Um Platz zu sparen und den Walzenstuhl schmaler zu machen, wurden die Walzen vertikal angeordnet, d.h. die Walzen lagen in einem Winkel von mindestens 65o zueinander, bisweilen standen sie fast senkrecht übereinander. Diese Entwicklung konnte sich auf Dauer nicht durchsetzen, da durch diese Anordnung zusätzliche Speisebleche vor den Walzen erforderlich waren. Dadurch gelangte das Mahlgut direkt auf den Mahlspalt, so dass sich Unregelmäßigkeiten bei der Speisung nicht mehr wie bei einer schleierartigen Speisung ausgleichen konnten.

ab 1915 Diagonalwalzenstühle

Da die Probleme mit der Speisung recht bald erkannt waren, begann man nach dem 1. Weltkrieg damit, die Walzen wieder in eine horizontalere Lager zu bringen. Man ging wieder auf 45obis 55o zurück. Durch diese Anordnung der Walzen konnte man auf die Leitbleche gerade noch verzichten, hatte aber gegenüber den Horizontalstühlen noch ein gehöriges Maß an Platzersparnis.1 Gegenüber den Horizontalstühlen war die Speisung insofern vorteilhaft, weil das Mahlgut nicht direkt in den Mahlspalt fiel, sondern sich zunächst auf der unteren Walze verteilen konnte. Ein weiteres Kennzeichen der diagonalen Stühle ist, dass die schnellere Walze häufig oben liegt.

1927 Der Servostuhl

Eine bahnbrechende Verbesserung des Walzenstuhls brachte die Erfindung der Servosteuerung durch MIAG. Diese war besonders dort von Bedeutung, wo die Walzenstühle ohne Beaufsichtung standen, wenn z.B. nachts gemahlen werden sollte. Bei dem überkommenden Speisesystem über eine von Hand einzustellende Klappe mit Speisewalze konnte es passieren, dass sich das Mahlgut verschanzte oder das die Speisewalze nur einseitig beschickt wurde. Viele Kleinmühlen versuchten sich gegen ein Verschanzen dadurch zu schützen, dass die Walzenstühle nicht voll beaufschlagt wurden.

Die 1927 von MIAG auf den Markt gebrachte Servosteuerung half diesem Problem ab. Hier werden der Speiseschieber, die Speisewalzen und die Mahlwalzen über Öldruck gesteuert. Im Mahlgutzulauf hängt ein Fühler (der Tannenbaum), an welchem das Mahlgut vorbei strömt. Über den Fühler wird ein Stift gesteuert, der seineerseits über Ventile den Öldruck der Einrückkolben für die Mahlwalzen reguliert und über eine Klauenkupplung und einen Hebel die Speisewalzen und den Speiseschieber. Wird dem Stuhl Mahlgut zugeführt, so öffnet sich der Speiseschieber, die Speisewalzen werden in Bewegung gesetzt und die Mahlwalzen eingerückt. Hört der Druck des Mahlgutes auf den Fühler auf, so wird der Speiseschieber geschlossen, die Speisewalzen still gesetzt und die Mahlwalzen ausgerückt. MIAG blieb bis zum Jahr 1950 im Besitz des Patents.

Servostuhl - Schnittzeichnung, aus: Hopf. L. S 281

Fußnoten

1 Es sei aber an dieser Stelle erwähnt, dass bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts Diagonalstühle von ganz wenigen Herstellern produziert wurden. Dies war z.B die Firma Bauermeister in Hamburg-Ottensen im Jahr 1894.

Literatur

- MOOG, Otto, 400 Jahre Walzenstuhl, Detmold, 1953.
- HOPF, Leo, Mühlentechnisches Praktikum - Müllerei, Stuttgart, 1950.